


Prof. Dr. Valeska von Rosen
Hochschullehrerin an der Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf
Berufsziel Professorin. Das klingt nach einem hochgesteckten Vorhaben. Prof. Dr. Valeska von Rosen, heute Professorin an der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität, hat genau diesen Wunsch in die Tat umgesetzt. Über ihren beruflichen Weg dorthin haben wir vor Kurzem mit ihr geredet.
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Ursprünglich wollte von Rosen Opernsängerin werden. Sie absolvierte zwar nie ein Gesangsstudium an einer Hochschule, nahm hierfür aber intensiv Gesangsunterricht. Das Studium begann sie zunächst nur als Absicherung und auf Drängen ihrer Eltern, die sich wünschten, ihre Tochter solle doch neben dem Gesang noch ihren Kopf trainieren. Mit der Idee, ihr Geld später mit Gesang zu verdienen, entschied sie sich daher für Fächer, die ihr Spaß machten: Kunstgeschichte, Ägyptologie und Klassische Archäologie.
Das Interesse hierfür entwickelte sich bereits in ihrer Jugend. Mit ihren Eltern machte sie viele Reisen, insbesondere nach Italien. Hierfür stellte sie bereits früh die Besichtigungsprogramme zusammen, was ihr sowohl inhaltlich als auch organisatorisch unglaublich viel Spaß machte. Sie lacht: „So rutschte ich da rein. Also ich habe quasi damals in der Schule schon das gemacht, was ich heute auch noch mache.“ Im Nachhinein betrachtet, geht ihr heutiger fachlicher Schwerpunkt auf der neuzeitlichen Kunst mit Schwerpunkt Italien neben inspirierenden Seminaren bei dem Berliner Professor Rudolf Preimesberger auf die Reisen mit ihren Eltern zurück.
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Die ersten Jahre an der Universität studierte sie noch parallel zum Gesangsunterricht.
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„Dann hat mir das Studium einerseits ganz schnell so viel Spaß gemacht […], nachdem die Anfänge überwunden waren. Auf der anderen Seite habe ich gemerkt, dass wahrscheinlich meine Begabung nicht ausreicht, um mit Gesang etwas wirklich Interessantes zu machen. Da habe ich mir gedacht, dann mache ich jetzt nur noch Kunstgeschichte.“
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Bei diesem Entschluss blieb sie und fasste darüber hinaus für sich selbst im Geheimen den Entschluss, Professorin zu werden. Beim Gesang habe sie immer das Gefühl gehabt, durch die Deutungshoheit der Regie niemals nach eigenen Ideen frei arbeiten zu können. „Wenn ich aber Kunstgeschichte mache,“ nahm sie sich damals vor, „dann werde ich Professorin und dann schreibe ich genau die Bücher, auf die ich Lust habe.“ Diese Entscheidung hat sie nie ernsthaft in Frage gestellt.
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Bis zum Ende des Grundstudiums im Magister-Studiengang (heute in etwa mit dem Bachelorabschluss gleichsetzbar) war sie an der Freien Universität Berlin, wechselte dann für eine Zeit lang nach München an die Ludwig-Maximilians-Universität, bevor sie zur Magisterarbeit wieder nach Berlin zurückkehrte.
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Um ihr Berufsziel der Professur zu erreichen, war ihr klar, dass sie promovieren und sich habilitieren musste. Ihr Dissertationsthema ergab sich aus ihrer Magisterarbeit, auf deren Thema sie während eines Praktikums an der Alten Pinakothek in München gekommen war. In Vorbereitung auf eine Tizian-Führung, die sie dort für eine Kuratorin übernehmen sollte, stieß sie in einer Bildakte auf einen interessanten Fund, den sie in ihrer Dissertation breiter thematisierte.
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Während des Promovierens erhielt von Rosen die Möglichkeit, direkt im Anschluss an ihre Magisterarbeit als Stipendiatin an dem deutschen Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte, der Bibliotheca Hertziana in Rom zu arbeiten (Genaueres über die Hertziana erfahrt ihr hier.). Das Bewerbungsverfahren bestand aus der Einreichung eines Projektexposés über das eigene Forschungsvorhaben. Hierbei half ihr enorm, auf den Vorbereitungen aus ihrer Magisterarbeit aufbauen zu können. Durch das Stipendium konnte sie über zwei Jahre hinweg an der Hertziana, die über eine fantastische Bibliothek verfügt, ausschließlich an ihrer Dissertation arbeiten. Die Präsentation des eigenen Projekts war mitunter ihre einzige Verpflichtung. Das Stipendium war so hoch, dass man zudem keinen weiteren Job brauchte. So konnte man sich komplett auf die eigene Forschung konzentrieren. „So eine Promotionsförderung ist einfach großartig. Man kann zwei Jahre intensiv nachdenken und es gibt überhaupt keine Ablenkungen.“
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In Bezug auf unsere Frage, wie man vorgehen solle, wenn man über eine Promotion nachdenkt, empfiehlt sie Folgendes: Man solle für den Bereich, in dem man später einmal arbeiten möchte, recherchieren und die Lebensläufe verschiedener, auf dem Gebiet erfolgreicher Personen ansehen, die nur wenig älter sind als man selbst. Hier sollte man schauen, was diese gemacht haben, um die Stellen zu bekommen, die man selbst gerne einmal hätte. Dieser Rat ist sicher auch auf jedes andere Berufsziel übertragbar. Und, wenn man sich weiterhin unsicher fühle,
„[…] vielleicht auch mal jemanden anschreiben, ob man gezielte Fragen stellen könnte.“
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Für den Job als Professorin qualifizierte sie sich durch das Verfassen ihrer Habilitation über den italienischen Maler Caravaggio und die „Caravggisten“. Darüber verfasste sie weitere Publikationen, mit denen sie belegte, dass sie das Fach Kunstgeschichte in seiner ganzen Breite überschaue. Zudem sei eine Sichtbarkeit im eigenen Fach– auch international – von hoher Relevanz.
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„Die große Frage in der Qualifikationsphase ist ja immer, wodurch wird der Lebenslauf interessant; es muss mehr drin stehen als 'hat da und dort magistriert, promoviert und sich habilitiert.'“
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Zu diesem Drumherum gehöre, auf Tagungen präsent zu sein, Sektionen entwickeln, zu moderieren, Tagungsbände zu publizieren, sich ein Netzwerk aufzubauen. Stipendienförderungen und im Bestfall eine Preisauszeichnung sind großes symbolisches Kapital. Es ginge darum, sich ein Profil innerhalb der Kunstgeschichtsforschung zu erarbeiten.
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„Das sind harte – aber natürlich auch tolle – Jahre. Man ist sehr damit beschäftigt, sich zu profilieren: neue Themen zu suchen, zu überlegen, was ist – auch methodisch – sinnvoll und weiterführend, was macht man ergänzend zur Habilitation, was macht man lieber nicht, um sich kein Eigentor zu schießen.“
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Zunächst hatte von Rosen diverse Stipendien verschiedener Stiftungen inne und lehrte als Lehrbeauftragte an diversen kunsthistorischen Instituten. Nach längerem Suchen einer Stelle an der Universität übersprang sie schließlich die Position der Assistenz oder wissenschaftlichen Mitarbeiterin. Sie startete ihre eigentliche Lehrlaufbahn gleich als Professurvertreterin in Potsdam und Jena. Diese Stellen seien zwar insofern luxuriös gewesen, da man keine wirkliche Entscheidungsverantwortung in den entsprechenden Instituten innehatte, jedoch auch von großer Unsicherheit geprägt. Der Ruf auf den Lehrstuhl an der Ruhr-Universität Bochum im Jahr 2006 führte dann zu ihrer ersten festen Stelle. Für den Wechsel nach Düsseldorf im Jahr 2019 entschied sie sich bewusst, um noch einmal in ein neues Umfeld zu wechseln, auch wenn sich die Institute nur wenig voneinander unterscheiden. Ihre beruflichen Entscheidungen für oder gegen die Annahme von Rufen an andere Universitäten traf sie bisher immer in Abwägung von Gründen für oder gegen die entsprechenden Institute, aber auch in Verbindung mit privaten Überlegungen, auch in Hinblick auf ihre Familie mit zwei Kindern. „Es hat sicherlich auch mit der eigenen Entwicklung zu tun, wann man sich für das eine entscheidet und wann man in seinem Leben dann auch mal was anderes priorisiert.“
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Ihre Aufgaben teilen sich in Lehre und Forschung. Viel Zeit nimmt auch die Organisation und Verwaltung ein. Die Forschung hat dabei einen großen Stellenwert für sie. Derzeit arbeitet sie an zwei Buchprojekten, verfasst Aufsätze, wird für Gutachten angefragt und leitet zwei von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Forschungsprojekte mit mehreren Mitarbeiterinnen. Als Professorin ist von Rosen auch dafür verantwortlich sogenannte Drittmittel einzuwerben, durch welche unter anderem die für die Projekte angestellten Mitarbeiter*innen und Hilfskräfte bezahlt werden. „Das macht auch Spaß, wenn es klappt. […] Man macht das auch gern, um auch Nachwuchsförderung zu betreiben.“
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Die Ideen für die Themen ihrer Lehrveranstaltungen und Forschungsprojekte findet sie oft auf Reisen, in Ausstellungen oder im wissenschaftlichen Umfeld. Manchmal sogar mitten in ihren eigenen Vorlesungen, wenn sich ihr beim Sprechen neue Zusammenhänge ergeben, derer sie sich bisher noch nicht bewusst war. Abseits ihrer Forschungsprojekt hat sie meistens leider nur wenig Zeit, sich mit weiteren Themen zu beschäftigen. Im Gegensatz zu ihrer Forschung, wo sie den existierenden Wissensstand genauestens kennen muss, bietet sich ihr in der Lehre die Möglichkeit, auch mal Themen zu bearbeiten, in denen sie weniger sachkundig ist. „Das heißt, wenn ich mal mich mit etwas aus purer Lust heraus beschäftigen möchte, aus Interesse an der Sache, dann mache ich ein Seminar.“ Wann ihr der Beruf der Hochschullehrerin besonders Freude macht? „Es gibt manchmal diesen Moment, da leuchten plötzlich von jemandem die Augen auf, und da merkt man so richtig, da ist ‚ein Groschen gefallen‘, da ist echtes Interesse. Das sind die schönsten Momente in der Lehre.“
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Studierenden rät sie, sich selbst zu fragen, ob Kunstgeschichte das ist, was man wirklich beruflich später machen möchte und auch realistisch einschätzen, ob man gut ist, indem was man tut. „Und wenn man das Gefühl hat, ‚Doch, das ist das, was ich machen möchte', dann ist es wichtig, zäh dabeibleiben.“ Einsatz und Fleiß seien dabei nicht zu unterschätzen. Zwar hatte von Rosen nie ernste Selbstzweifel, die Qualifikationsarbeiten nicht zu schaffen, aber es gab durchaus auch Phasen, die nicht einfach waren, auch in finanzieller Hinsicht:
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„Meine Karriere sieht so, wenn man sie in der Papierform sieht, sehr glatt aus, weil es immer irgendwie weiter gegangen ist. Aber da waren auch Durststrecken drin und auch Momente, wo ich dachte: ‚Na, ob das wirklich zu irgendwas führt?‘“
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Für den Fall, dass es mit der Professur nicht geklappt hätte, hatte sie übrigens einen Plan B. Sie schrieb damals für eine Tageszeitung regelmäßig Buchrezensionen. So einen Notfallplan empfiehlt sie allen. Denn vieles im Leben sei auch von Zufall und Glück abhängig. Im Endeffekt verdanke sie ihren Werdegang einem Ineinandergreifen ihres eigenen Fleißes und Könnens, aber auch einer Prise Glück und zufälligen Umständen. So etwa ihre erste Lehrstuhlvertretung in Potsdam, die initial durch eine Empfehlung in Folge eines Vortrags, den von Rosen gehalten hatte, zustande kam. In diesem Zusammenhang möchte sie vor allem Frauen auch auf den Weg geben, mit dem eigenen Können nicht tiefzustapeln, sondern zu zeigen, was man kann – vor allem in Vorträgen. Sie selbst habe das in der damals noch männerdominierten Kunstgeschichte erst lernen müssen. Mit den heute überwiegend weiblichen Studierenden und einem deutlich höheren Prozentsatz von Professorinnen sieht sie jedoch einen Generationenwechsel eingeläutet.
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Wir danken Prof. Dr. Valeska von Rosen herzlich, dass sie sich die Zeit für uns genommen hat, und wünschen ihr alles Gute!
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- Valentina Bay, veröffentlicht am 04. Dezember 2020