

Kunstgeschichte studieren in Zeiten von Corona
Hand auf’s Herz: Wer ist seit Beginn der Corona-Pandemie nicht mindestens einmal daran verzweifelt, wie man unter den geltenden, sich ständig ändernden Sicherheitsmaßnahmen eigentlich überhaupt noch studieren kann?
Geschlossene Museen und Galerien, dazu stark eingeschränkte Zugangsmöglichkeiten zu Bibliotheken. Während Studierende im Bereich der Wirtschaft etwa das Glück genießen, meist alles, was sie benötigen, in irgendeiner Form online zu finden, ist man im Bereich der Kunstgeschichte oft aufgeschmissen. Ähnlich wie in den Naturwissenschaften, wo Forschung nicht am Küchentisch im Homeoffice stattfinden kann, sondern man Laborgerätschaften vor Ort benötigt, kann man als Kunsthistoriker*in nicht auf den Gang in die Bibliothek oder ins Museum verzichten – denn das Blättern in richtigen Büchern oder das Betrachten von Originalen ist integraler Bestandteil des Studiums. Bei vielen Recherchen reichen kunsthistorische Online-Bestände nicht als fundiertes Material für die wissenschaftliche Bearbeitung eines Themas aus. Und selbst, wenn Bibliotheken und Museen eingeschränkt geöffnet haben, die Zugänglichkeit von Wissen und Material ist seit März 2020 nicht mehr gänzlich gegeben.
Was allen Studierenden zudem fehlt, ist der Austausch. Zwar mögen manche Seminare und Vorlesungen in digitaler Form vielleicht sogar fruchtbarer sein, als sie es im Hörsaal gewesen wären, und darüber hinaus man kann man sich derzeit fast jeden Abend mit einem kunsthistorischen Vortrag via Zoom & Co weiterbilden, wenn man möchte. Doch fehlt etwa der spontane, informelle Input des universitären Umfelds ungemein.
Wie also studieren? Das fragen auch wir uns seit elf Monaten. Wir haben deshalb einige Ideen für euch zusammenzutragen, wie man trotz allem noch möglichst viel aus der momentanen Situation machen oder zumindest die kommenden Wochen erneuter harter Beschränkungen überbrücken kann.
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Zu allererst und bevor man sich in frustrierenden Literaturrecherchen verzettelt, kann es helfen, zunächst zum Grundlegenden zurückzukehren: dem Sehen. Anstatt sich sofort auf die Literatur zu einem bestimmten Werk zu stürzen, kann man sich zunächst einmal auf dessen Betrachtung konzentrieren. Arbeitet werkimmanent und schaut euch die Objekte genau an. Geht Assoziationen sowie Ideen nach und vertraut in das, was ihr in eurem bisherigen Studium gelernt habt.
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Wenn es dann doch früher oder später an die Literaturrecherche geht, gilt: Schöpft alle Möglichkeiten aus und durchkämmt sämtliche Online-Portale, die ihr kennt und euch zur Verfügung stehen. Es kann helfen, erneut in die Recherchehandreichungen und die Datenbanklisten der Universitäten hineinzuschauen, wo verschiedenen Online-Bibliotheken und -Portale wie bspw. JSTOR, das Allgemeine Künstler-Lexikon, Prometheus oder die Historischen Bestände der Universität Heidelberg gelistet sind. Man vergisst schnell, wie viele Portale es für die kunsthistorische Forschung eigentlich gibt.
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Trotzdem kann man aufgrund der Zugangsbeschränkungen von Bibliotheken derzeit an seine*ihre Grenzen kommen. Dann kann euch folgendes helfen: Einfach Fragen. So simpel und offensichtlich es klingen mag, habt keine Scheu und fragt eure Kommiliton*innen (oder eure Dozierenden), wenn ihr nicht weiterkommt. Vielleicht haben eure Mitstudierenden zufällig das ein oder andere Buch im Regal stehen oder einen Aufsatz auf der Festplatte abgespeichert. Manchmal hat man Glück! Oder diejenige Person hat weitere Literaturideen und kann diese bereit stellen.
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Damit wären wir auch bei dem vielleicht wichtigstem Punkt angekommen: der Austausch. Was uns allgemein durch die soziale Isolation bringen und unserer Psyche helfen soll, kann uns auch durch die universitäre Isolation helfen. Redet mit Kommilton*innen über eure Projekte, tauscht euch darüber aus, brainstormt gemeinsam. Vereinbart hierfür vielleicht sogar regelmäßige Termine. Ein kurzes Telefonat oder Videocall via Zoom & Co können helfen, den eigenen Gedankenbrei zu ordnen und neuen Input zu erhalten. Auch wenn das Gegenüber nicht im Thema ist, hilft oft ein Blick von außen und vielleicht fällt ihm*ihr etwas ein, worauf man selbst bisher nicht gekommen ist.
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Wenn ihr trotz alledem gerade mit euren wissenschaftliche Arbeiten nicht weiterkommt: Nutzt die Zeit, weniger Rechercheintensive Projekte abzuarbeiten. Da muss immer noch dieser überfällige Praktikumsbericht oder eine Objektbeschreibung geschrieben werden? Verwendet die aktuelle Situation für die Abgaben, für die ihr keine Informationen benötigt, und beendet diese. So schafft ihr euch für bessere Zeiten mehr Kapazitäten für diejenigen Projekte, die durch die Beschränkungen derzeit nicht durchführbar sind.
Uns ist klar: Das Genannte sind alles keine Masterlösungen für das Problem, dass ein optimales Studium derzeit nicht möglich ist. Immer wieder gibt es Tage, an denen die Frustration besonders an einem nagt, weil man gerade nicht die gewohnte eigene Leistunge erbringen kann. Trotzdem oder gerade deswegen wollen wir euch an dieser Stelle motivieren, durchzuhalten. Gebt so viel, wie ihr könnt bzw. der Situation entsprechend möglich ist und vor allem verliert darüber nicht die Freude an der eigentlichen Sache. Irgendwann werden wir alle geimpft und die Infektionszahlen so niedrig sein, dass ein normales Studium wieder möglich ist. Bis dahin Kopf hoch!
– Valentina Bay, veröffentlicht am 5. Februar 2021
